Jüdisches Krankenhaus

Rettungsort für Kranke und Verfolgte

Bereits 1756 wurde in Berlin das Jüdische Krankenhaus gegründet, damals noch in der Oranienburger Straße im heutigen Ortsteil Mitte. Es ist damit nach der Charité das zweitälteste Krankenhaus Berlins. Schon damals war es in erster Linie für die Armen der Stadt da, unabhängig von deren Glauben.

1861 erfolgte der Umzug in die Auguststraße, aber auch das wurde zu klein, als sich Berlin nach der Gründerzeit immer mehr ausbreitete und die Bevölkerung explosionsartig zunahm. So wurde 1914 ein neuer Krankenhaus-Komplex im Wedding errichtet. Die heutige Heinz-Galinski-Straße gehörte damals noch zur Schulstraße. Hier waren neue Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten möglich, die als Folge des medizinischen Fortschritts immer umfangreicher wurden. Im Laufe der Zeit hatte sich das Krankenhaus zudem einen guten Ruf erarbeitet. Berühmte Mediziner wie Ludwig Traube, Bernhard von Langenbeck, Hermann Strauß und James Israel behandelten dort. James Israel war eine anerkannte Kapazität mit internationalem Renommee auf dem Gebiet der Nieren- und Blasenchirurgie. Doch mit der Machtübergabe an die Nazis änderte sich alles. Die Ärzte durften nur noch jüdische Patienten behandeln, ihnen wurde die Approbation aberkannt.

Nach dem Beginn des Holocausts wurden auch Mediziner und Schwestern deportiert. Ein Bereich des Jüdischen Krankenhauses ist abgesperrt und zu einem Ghetto umgewandelt worden. Anfang März 1944 wurde ein Teil des Krankenhauses von der Gestapo als Sammellager missbraucht, es befand sich ausgerechnet in der Pathologie. Juden, die in ein Konzentrationslager oder Ghetto deportiert werden sollten, mussten sich dort melden oder wurden gewaltsam hingebracht. Insgesamt geht man von mehreren hundert Jüdinnen und Juden aus, die vom Weddinger Sammellager aus deportiert wurden, nach Auschwitz oder Theresienstadt. Es war das letzte Sammellager in Berlin, nachdem das in der Großen Hamburger Straße als Notgefängnis und Gestapo-Durchgangslager für politische Flüchtlinge und Ausländer genutzt wurde. Dieses wurde ein Jahr später bei einem Bombenangriff der Alliierten zerstört.

Allerdings hatten die Nazis das Jüdische Krankenhaus nicht unter totaler Kontrolle. Zwischen 800 und 1.000 Juden sollen sich auf dem Gelände versteckt gehalten haben und so dem Holocaust entkommen sein. Am 11. Mai 1945, drei Tage nach dem Ende der Nazi-Herrschaft, wurde nach all dem Leid und Sterben im Jüdischen Krankenhaus wieder ein Mensch geboren.

Doch durch die massenhafte Vernichtung jüdischer Menschen im Holocaust und dem Auswandern von Überlebenden war die Jüdische Gemeinde in der Nachkriegszeit viel zu klein, um das Krankenhaus noch finanzieren zu können. So wurde es Anfang der 1960er Jahren vom Senat gekauft und in eine Stiftung bürgerlichen Rechts umgewandelt.

Als einzige jüdische Institution in ganz Deutschland hat das Jüdische Krankenhaus im Wedding den Naziterror überstanden. Es ist die älteste Einrichtung, die von Menschen jüdischen Glaubens in Berlin geschaffen wurde und die immer noch in gleichbleibender Funktion besteht. Sogar ein kleiner Synagogenraum existiert noch. Heute arbeiten wieder Menschen verschiedener Religionen und aus allen möglichen Ländern im Jüdischen Krankenhaus. Und auch bei den Patienten ist es unwichtig, welcher Konfession sie angehören. So wie von Anfang an.